Bereits am 16.04. habe ich einen Versuch alleine an dieser Wand gestartet, aber eine Felsbarriere hat mir den Weiterweg versperrt. Dank diesem Versuch wusste ich nun, was an Material und Anspruch an die Kletterei gestellt wird.
Am 18.04. bin ich also nochmals mit Marc um 5:00 Uhr los zur Wand.
Zugestiegen wird vom Kraftwerk in Triesen. Der Zustieg ist steil und ziemlich weit. Um 7km und 1300hm sind gefordert, bis die eigentliche Wand startet. Über die ersten Stufen geht’s einfacher bis M3 empor und hier abzusichern ist schwierig.
Die 1. Kurze Stufe erklettern wir einfach über 60° steiles Eis und bei der 2. Stufe sichere ich Marc an einem T-Schlitz im M3-Gelände nach.
Für die nächste Stufe, welche die Schlüsselstelle der gesamten Tour ist, habe ich noch keinen wirklichen Plan, was möglich ist.
Ich versuche es in direkter Linie aber der unkonsolidierte Schnee direkt darunter zwingt uns auszuweichen. Hier wäre wohl die coolste Linie, wenn es ein wenig mehr Eis hätte gerade hoch im WI4-Bereich oder direkt links vom Eis über einen diagonalen Riss durch die knapp senkrechte Wand.
Übersichtsbild von unterhalb der Wand Die 1. kurze Eisstufe bereits hinter uns M3-Stufe M3-Stufe Hier die direkte Stufe, welche wir links umgangen sind. Sieht übrigens kleiner aus, als es ist 😉
Da man aber bei den jetzigen Verhältnissen nicht durch kommt versuchen wir eine grosse Verschneidung links davon zu klettern und dann nach rechts zurück zu queren. Am Start von der Verschneidung bringe ich einen mittelguten Messerhaken als Stand rein.
Der Fels hier ist brüchig und grasdurchsetzt, das klettern psychisch anspruchsvoll.
Die Verschneidung geht’s hoch, abgesichert mit Klemmkeilen, bis eine senkrechte bis überhängende Wand den Weiterweg versperrt. Ich quere nach rechts und abdrängend geht’s über diesen Aufschwung. Nach genau 20m (die Länge unseres mitgebrachten Seils) finde ich endlich den perfekten Riss und beziehe Stand an 1 guten und 1 mittelguten Schlaghaken und einem Keil. Über die gesamte Seillänge konnte ich mit 3 Keilen absichern. Einer davon hätte wahrscheinlich gebremst, die anderen beiden wahrscheinlich gehalten. Ein Sturz in diesem Gelände aber wohl eher unangenehm bis sehr schmerzhaft. Die Griffe und Tritte sollten also alle gut getestet werden und das Gewicht auf allen Haltepunkten verteilt werden. Die Schwierigkeiten dieser Seillänge sind in etwa bei M5/5+ R.
Danach geht’s einige Meter gerade hoch und dann nach rechts raus im Gras. Hier nachsichern an 2 im Gras eingeschlagenen Pickeln. Weiter geht’s horizontal, nach rechts zurück in den Kanal über extremen Bruch und Gras. Nicht schwierig aber sehr anspruchsvoll einzuschätzen. Nach 17m habe ich eine 10cm Eisschraube als Zwischensicherung eingedreht, welche aber wohl eher zur psychischen Stütze als zur Standsicherung taugte. Durchs Schneefeld weiter nach Rechts und nach oben über die kurze 15m Eisstufe (WI3, abgelöst und kaum absicherbar) ging’s ins flachere Schnee-/Firngelände, wo man die eigentlichen Schwierigkeiten hinter sich hat.
Blick von oben auf die Schlüsselstelle Mittendrin kurz vorm Stand wird’s schottisch der brüchig-grasige Quergang zurück in die Rinne der weitere Ausblick auf die nächste Stufe ab hier sind die technischen Stellen alle geschafft und es ist nur noch Ausdauer gefragt Blick auf die WI3-Stelle
Hier haben wir bereits zu viel Zeit gebraucht (mit sichern und wegsuchen), als empfehlenswert wäre, aber ein Abstieg kam mit dem kurzen Seil sowieso über diese Route nicht mehr in Frage. Die Sonne ist zu dieser Jahreszeit bereits seit 7:00 in der Wand und wir halten uns so gut wie möglich im Schatten und steigen über variable Schneebedingungen nach Links durch die offensichtliche Schneerinne hoch in die Ausstiegsrinne. Physisch streng spurend nach bereits einigen Höhenmetern in den Beinen steigen wir diesen Teil ohne namhafte Schwierigkeiten bis zum Grat aus (max. 75°). Der Grat wird dann einfach verfolgt mit kurzen Abkletterstellen (II) und nach 6h (seit dem Start im Tal) stehen wir am Gipfel. Glücklich und zufrieden nach 2000hm endlich auf dem Gipfel zu stehen und dann noch die erste bekannte Durchsteigung der Nordwand in der Tasche zu haben ist ein sehr schönes Gefühl!
da unten im Tal ging’s los, vom Schnee rechts unten kamen wir Die letzten 180hm bis zum Gipfelgrat Warm und anstrengend spurend geht’s dem Gipfelgrat entgegen gleich geschafft Noch den Gipfelgrat verfolgen Gipfel
Den Abstieg haben wir über den südseitigen Wanderweg, den Falknisspitz umgehend, geplant. Wir wären zurück gekommen, wo ich meine Turnschuhe nach dem Zustieg über den Forstweg deponiert hatte. Die Wahrscheinlichkeitsform verwende ich, weil wir nach 200hm Abstieg sahen, dass der Weg durch eine Todesfalle in Form von Nassschneeanrissen, welche bereits riesige Blöcke frei stehen liessen, führen würde. Wir entschieden also, zurück hoch zu steigen und stattdessen den Abstieg Richtung Sewis im Prättigau in Angriff zu nehmen. Beim Abzweiger, wo man nach Luziesteig runterkommen würde, entschieden wir uns dagegen, da wir nicht noch einmal in eine Sackgasse geraten wollten.
Der Abstieg ist lang und im total durchweichten Nassschnee mühsam und anstrengend. Wenigstens trifft man weiter unter immer wieder auf den Bach, welcher super als Trinkwasser geeignet war. 3.5h später standen wir dann unten im Dorf und konnten nach 11h unterwegs mal so richtig entspannen.
Durch dass meine Turnschuhe noch auf der anderen Seite des Berges waren hatte ich dann am nächsten Tag noch das Vergnügen, bei einem kurzen Trailrun frühmorgens, wenns noch kalt war, die Schuhe zu holen.
die Nassschneeflanke, welche den Abstieg gefährdete Im Abstieg nach einer Dusche und dem stillen des Durstes
Fazit
Lange und einsame Route durch die eindrückliche und weit herum sichtbare Nordwand des Falknis. Die Felsqualität ist von gut bis haarsträubend schlecht, weshalb eine anspruchsvollere Route durch eine felsigere Passage wohl praktisch nicht möglich wäre. Immer interessant arbeitet man sich den Weg zum Gipfel hoch. Die Absicherung ist gänzlich vom Alpinisten selbst anzubringen, wir haben alles wieder mitgenommen, falls wir nochmals etwas brauchen würden.
Zeit:
Die beste Zeit für diese Route ist, wenn die Wand bereits Firn/Trittschnee bereit hält und die Felsstufe trocken ist. Dies ist wahrscheinlich meist im Frühling oder Herbst nach ersten Schneefällen und nachfolgenden Schönwetterphasen möglich.
Unsere Zeit:
5:00 Uhr Start beim Kraftwerk in Triesen
7:00 Uhr Lawena
8:00 Uhr Einstieg Wand
11:00 Uhr Gipfel
15:00 Uhr Sewis Dorf
Material:
– min. 20 Einfachseil
– 1 Satz Keile
– evtl. Friends 0.3-1 nützlich (hatten wir aber nicht dabei)
– 2 Messerhaken
– 1 V-Shape Schlaghaken
– 3-5 Expressschlingen
– Lange Bandschlinge
– 10 cm Eisschraube
– Steigeisen und Eisgeräte
– Helm
Hoi Beni,
prima, dass du auch über deine lokalen Touren schreibst! Von zu Hause sehe ich immer die Falknis-Nordwand und habe mich schon oft gefragt, ob man dort auch hoch kann. Man kann also 🙂
Viele Grüsse,
Stephanie
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Hoi Stephanie,
Freut mich, dass auch die lokalen Beiträge Beachtung erhalten! Danke für dein Feedback!
Gruess Beni
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Hoi Beni,
beeindruckend! Schon oft habe ich gedacht, dass die Berge unserer Region ( Werdenberg/Liechtenstein) mit dem angrenzenden Graubünden einige anspruchsvollere Touren bieten, die wohl allzu oft unterschätzt werden. Verfolgt man die Erstbegehungsgeschichte des Hinteren Grauspitz durch Flury Enderlin, der eine leere Glasflasche am Gipfel fand und überträgt dies auf die zahlreichen Unfälle beim Erwandern (!) dieses Gipfels bis in unsere Zeit, so kann man nur erahnen, dass das Gelände dieser Bergkette schon damals sehr brüchig gewesen sein muss. ….. Du beschreibst es ja genauso. Grossartig, dass wieder ein regionaler Bergführer ( in dem Fall Du) etwas Neues am Falknis gewagt hat…. Gratulation!
Liebe Grüsse
Christoph
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Damn, this is super cool and very inspiring. I’ve been staring at the mountains from Azmoos this past year and wondering what actually gets done around here. Great to see that there’s interesting exploring to be had when you’ve got the skills and comfort level! 🙂 Thanks for writing this up!
FG
Brian
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